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Ein Blick

in die barocke Geschichte

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Wo die Fürsten flanierten

Im Ortszentrum der Stadt Velen im westlichen Münsterland liegt das wildromantische Wasserschloss Velen, dessen Ursprung auf das 14. Jahrhundert zurückgeht. Der Architekt der dreiflügeligen Vorburg war der Kapuziner und Architekt Ambrosius von Oelde, ein führender Gestalter barocker Bauwerke in den Hochstiften Münster und Paderborn sowie im Herzogtum Westfalen. Nach den Plänen von Johann Conrad Schlaun (1695 – 1773), einem der bedeutendsten Architekten des deutschen Barock, wurde der Südflügel in den Jahren von 1744 und 1745 dann praktisch neu errichtet. Anna Theresia von Velen (1735–1775) brachte Schloss und Herrschaft an ihren Ehemann Clemens August von Landsberg zu Erwitte. Seither sind die Freiherren und späteren Grafen von Landsberg-Velen Eigentümer  von Schloss und Park.

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Südlich des Schlosses erstreckt sich der Historische Tiergarten Velen, der  erstmals im Jahr 1707erwähnt wurde. . Zusammen mit dem Schlosspark wurde das Waldstück von Johann Conrad Schlaun zu einer weitläufigen Parkanlage entwickelt. Dazu musste das ursprünglich sumpfige Gebiet zunächst mittels eines sehr komplizierten Wasserführungssystems trockengelegt werden. Dieses System, das natürlich noch ganz ohne moderne Pumpen auskommen musste, leitet bis heute das Wasser vom Schwarzen Vennebach, einem Nebengewässer der Aa, in die Schloßgräfte. "Ein so ausgeklügeltes Verfahren, so exakt berechnet, das habe ich woanders noch nicht gesehen", sagt der heute für den Tierpark zuständige Förster Andreas Janson.. Als zweite Maßnahme wurde das neue Gelände belebt, das heißt, es wurden Tiere - in diesem Fall Fasanen - ausgesetzt. Mittlerweile leben im Tiergarten Velen Rehe, Hasen, Kaninchen und Enten.

 

Bis heute erkennt man den barocken Stil des Architekten Schlaun an dem speziellen Wegenetz, wie man es in größerem Maßstab zum Beispiel auch aus dem Berliner Tiergarten kennt, sowie an dem sechsarmigen Jagdstern, von dem ein Teil des Geländes strahlenförmig erschlossen wird. Ebenso typisch ist die Hauptachse, die Lange Kieke, die direkt auf das Schloss zuführt. Zusätzlich wurde – ebenfalls bereits im 18. Jahrhundert  - ein „belt walk“ angelegt – ein Weg, der das Gelände wie ein Gürtel umgibt.  

 

 

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Heute zieht diese Parkanlage Naturliebhaber, Fahrradfahrer und Spaziergänger gleichermaßen an. Mit dem nötigen Hintergrundwissen und einer Portion Phantasie fällt es nicht schwer, sich die Fürsten und Adeligen in ihren pompösen Kleidern vorzustellen, die an einem Sonntagnachmittag die Parkwege entlang flanierten, um die frische Luft zu genießen, aber natürlich auch, um sich den anderen Flaneuren von ihrer besten Seite zu zeigen.

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"Früher ging man in den Tiergarten. Heute würde man sagen: 'Ich gehe auf den Golfplatz'. Ungefähr so muss man sich das vorstellen", erklärt Förster Janson.

Nach dem Vorbild der im 18. Jh. in Europa in Mode gekommenen Tiergärten ließen seine Nachfolger aus dem Waldgebiet ebenfalls einen Tiergarten anlegen, worunter man sich keinen zoologischen Garten im heutigen Sinne vorstellen muss, sondern vielmehr ein eingefriedetes Waldgebiet, das auf die Bedürfnisse der Parforcejagd (von französisch par force = mit Gewalt - oder/auch Hetzjagd) abgestimmt war.

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1755 gab Hermann Anton Bernard Freiherr von Velen bei Johann Conrad Schlaun, die Planung der heute noch im Tiergarten erhaltenen Fasanerie in Auftrag, die nach Anna Theresia von Velen auch „Theresienlust“ genannt wurde. Der einstöckige Backsteinbau diente ursprünglich der Aufzucht und Haltung jagdbarer Vögel. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts veränderte der Garten-künstler Maximilian Friedrich Weyhe (1775 - 1846) im Tiergarten den Verlauf einiger Wege und Bäche, das Forsthaus gegenüber der Fasanerie wurde erweitert. Beide Gebäude liegen heute an der Hauptachse, der Langen Kieke, und wurden kürzlich erneut unter Berücksichtigung der Denkmalpflege

aufwendig renoviert. Die Fasanerie wird heute als Standesamt und als beliebte, äußerst urige und edle Location gastronomisch genutzt. Im Forsthaus ist eine außergewöhnlich gestaltete Ferienwohnung zu mieten. Der Tiergarten selbst wurde als Projekt des Landschaftsplanes Velen in den Jahren 2005 und 2006 behutsam überplant und durchforstet, Wege und Alleen nach historischem Vorbild neu erschlossen. In Zusammenarbeit mit dem Eigentümer Dietrich Graf von Landsberg-Velen haben der Kreis Borken, die Gemeinde Velen und das Land Nordrhein-Westfalen das einstige adelige Wildgehege als ausgedehntes Naherholungsgebiet zu neuem Leben erweckt.

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Westfälische Synfonie im Grünen

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Johann Conrad Schlaun (*1695 im Hochstift Paderborn; † 1773 in Münster) war ein deutscher Baumeister, Architekt und Militär des Barocks.

Schlaun gehört zu den bedeutendsten Architekten des deutschen Barocks. Sowohl seine Heimat, das Fürstbistum Paderborn, als auch seine Wahlheimat Münster verdanken ihm einige ihrer schönsten Bauten. Die für seine Bauwerke typische Kombination von Sandstein mit rotem Klinker und weißen, mehrfach unterteilten Fenstern wird oft als „Westfälische Sinfonie“ bezeichnet.  

Johann Conrad Schlaun lebte bis zu seinem Tod an der Hollerbecker Straße in Münster in einem von ihm selbst entworfenen Stadthaus, welches im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.

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Maximilian Friedrich Weyhe (*1775 in Bonn; † 1846 in Düsseldorf) war ein deutscher Gartenarchitekt des Klassizismus. Nach Studienaufenthalten in München und Wien sowie mehreren Reisen ins Ausland war Weyhe von 1801 bis 1803 Botanischer Gärtner und Lehrer für Botanik an der Centralschule des Département de la Roer am Botanischen Garten von Köln. 1804 wechselte er als Hofgärtner nach Düsseldorf. Noch heute zeigen zahlreiche Gartenanlagen im Rheinland seine Handschrift. Im Jahr 1826 wurde er zum Königlichen Gartenbauinspektor ernannt, 1833 zum Königlichen Gartendirektor. Bis zu seinem Tode blieb er dort in Anstellung. Weyhe verstarb im Jahr 1846 und wurde auf dem von ihm mitgestalteten Golzheimer Friedhof bestattet.

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Schloss Velen ist der strahlende Mittelpunkt der Stadt Velen im Münsterland

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Dieser Plan

stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert und gibt einen Überblick über die zu Schloss Velen gehörenden Gärten und Parks. Deutlich sind im Tiergarten der Wegestern und die links davon verlaufende "Lange Kieke" zu erkennen.

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